Mit Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration ging die Stiftung Lesen gemeinsam mit 30 Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher Organisationen wie Migrantinnen- und Migrantenorganisationen, Kita-Trägern, Wohlfahrtsverbänden und Elternvertretungen ins Gespräch. Ziel der Veranstaltung im vergangenen Herbst war es herauszufinden, was es braucht, um die Lesekompetenz von Kindern mit familiärer Einwanderungsgeschichte zu fördern. Die Ergebnisse des Werkstattgesprächs wurden nun veröffentlicht und sind kostenlos hier abrufbar.
Sabine Uehlein, Geschäftsführerin Programme der Stiftung Lesen, sagt: „Leseförderung braucht niedrigschwellige, attraktive Maßnahmen, ausgehend von Buchausstattungen über die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften, bis hin zu ehrenamtlichen Vorlese- Aktionen sowie Akteurinnen und Akteure aus allen Bereichen der Gesellschaft, die sie umsetzen. Um Familien mit Einwanderungsgeschichte erfolgreich anzusprechen, benötigen wir zunächst konkrete Informationen und intensive Kenntnis der Bedürfnisse, der Haltungen und der Erfahrungen dieser heterogenen Gruppe. Das Werkstattgespräch bot eine sehr gute Gelegenheit für einen Austausch und einen Erkenntnisgewinn. Jetzt gilt es, für die erarbeiteten Handlungsempfehlungen Ressourcen und Strukturen zu schaffen und diese in die Praxis zu übertragen“
Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Reem Alabali-Radovan erklärt: „Lesen ist wichtig – ganz gleich, wo man herkommt; ganz gleich, wo man hinwill. Ohne Freude am Lesen fällt alles schwer. Vorlesen kann diese Freude begründen, entwickeln und stärken. Vorlesen legt damit den Grundstein für Bildung, Teilhabe und Kompetenz. Die Stiftung Lesen zeigt mit den erarbeiteten Handlungsempfehlungen, wie ehrenamtlich Vorlesende und Eltern gemeinsam mit Bildungsinstitutionen gerade Kinder in besonderen Situationen unterstützen können.“
Mit Lesen fängt es an: Bildung, Integration, Teilhabe
Sechs Millionen Menschen in Deutschland können nicht in ausreichendem Maße lesen und schreiben – ein nachwachsendes Problem, wie verschiedene Studien belegen. Rund 33 Prozent der Eltern in Deutschland lesen ihren Kindern selten oder nie vor. Die jährlich durchgeführte Vorlesestudie der ZEIT, der Stiftung Lesen und der Deutsche Bahn Stiftung zeigt auch, dass in Familien mit Einwanderungsgeschichte weniger regelmäßig vorgelesen wird. Es gilt also, beginnend in den Familien und in der Gesellschaft ein breites Bewusstsein zu schaffen für die Bedeutung und Notwendigkeit von Sprach-, Lese- und Literalitätsförderung von frühester Kindheit an. Denn Lesekompetenz ist die Basis für Bildung, beruflichen Erfolg, gegenseitigen Respekt und ein gelingendes Miteinander.
Wie kann die Lesekompetenz von Kindern mit familiärer Einwanderungsgeschichte gefördert werden?
Die Expertinnen und Experten sowie Praktikerinnen und Praktiker gingen mit unterschiedlichen Perspektiven in den Austausch und ermöglichten so spannende Einblicke in ihre Arbeit. Die Beteiligten waren sich einig: Um Leseförderung in Familien mit Einwanderungsgeschichte verankern zu können, bedarf es einer funktionierenden Bildungspartnerschaft zwischen den Familien und den Bildungseinrichtungen. Im Fokus steht die Stärkung des Bewusstseins der Eltern für die Bedeutung ihrer Rolle als Bildungspartner, beispielsweise über die Anerkennung und Einbeziehung der Herkunftssprache der Familie in die Leseförderung. Deutlich wurde zudem, dass mehr Menschen mit Einwanderungsgeschichte – ganz unabhängig von ihren Herkunftssprachen – für die ehrenamtliche Leseförderung gewonnen werden sollten. Dabei stützt das ehrenamtliche Vorlesen nicht nur die Entwicklung von Kindern, es bringt auch den Vorlesenden vielfältige Vorteile. Hilfreich wären der Ausbau von Ressourcen, interkulturell geöffnete Strukturen und Qualifizierungsmaßnahmen, damit mehr Menschen ehrenamtlich tätig werden.