Pressemeldung – Die aktuelle KIM-Studie 2022 zeigt, dass jedes zweite Kind allein im Internet surft und die Internetnutzung intensiver geworden ist. Aus Sicht der Leseförderung birgt diese Entwicklung Potenziale und Risiken in einem. Denn: „Positiv ist, dass viele digitale Aktivitäten mit Sprache und Lesen zu tun haben. Vor allem ältere Kinder suchen aktiv Informationen im Netz“, unterstreicht Prof. Dr. Simone C. Ehmig, Leiterin des Instituts für Lese- und Medienforschung der Stiftung Lesen. „Doch gerade über die Internetrecherche kommen Kinder mit Informationen in Kontakt, die sie verstehen, einsortieren und bewerten müssen. Das ist nicht leicht und setzt eine gute Lesekompetenz voraus, die ein Viertel der Grundschulkinder nicht besitzt.“ Welche Potenziale in der KIM-Studie für die Leseförderung zu finden sind, erklären die Expertinnen und Experten der Stiftung Lesen.
Lesekompetenz ist ein echter Schutzschild gegenüber Falschinformationen oder auch Anzeigen, die ihre Werbebotschaften als Fakten verpackt präsentieren. Diese wirklich zu verstehen, Wahrheit von Falschen zu unterscheiden und einzuordnen, fällt nicht nur Kindern schwer. Spätestens die IGLU-Studie zeigt aber, dass viele Kinder nicht über ausreichende Lesekompetenz verfügen, was sie anfällig und beeinflussbar macht. Das Ziel muss also sein, Kinder für das Lesen zu begeistern, damit sie üben und ihre Fähigkeiten verbessern können. Die KIM-Studie zeigt, dass es viele Ansatzpunkte gibt, die Eltern und auch Schulen nutzen können, damit die Kinder, die noch nicht (gut) lesen, einen Zugang finden können.
Das Revival der Gute-Nacht-Geschichte
Die KIM-Studie zeigt, dass gerade vor dem Schlafengehen das Lesen eine größere Rolle im Medienalltag der Kinder spielt. Waren es 2020 noch 17 % der Kinder, die vor dem Schlafengehen lesen, sind es 2022 sogar 25 %. Das zeigt, dass Kinder gerade in dieser Zeit offen für das Medium sind und das Interesse da ist. „Wir plädieren für ein Revival der Gute-Nacht-Geschichte. Denn zum einen wissen wir, dass es Kindern, denen regelmäßig vorgelesen wird, später leichter fällt, selbst lesen zu lernen. Es schafft aber vor allem auch einen Zugang zu Geschichten und fördert die Nähe zwischen Kindern und Eltern. Daher profitieren vom gemeinsamen Lesen oder auch dem Vorlesen nicht nur die Kinder, sondern die ganze Familie“, erläutert Prof. Dr. Simone C. Ehmig. Spannender Nebeneffekt: Regelmäßige, gemeinsame Lesezeit mindert auch das Stresslevel der vorlesenden Person.
Zeitschriften schaffen Lesezugang
Kinder haben Vorbilder und sind an ihnen entsprechend interessiert. Jungs finden laut KIM-Studie ihre Vorbilder vor allem im Sport, Mädchen eher in Musik- und Filmbranche. Ein weit unterschätztes Medium kann hier neue Zugänge für die Kinder schaffen: Zeitschriften. Denn gerade aktuelle Themen werden hier in kurzen Texten aufbereitet und können die Leselust der Kinder wecken – denn sie behandeln genau die Themen, die für sie spannend sind. Bonuseffekt: Zeitschriften sind klein und handlich und finden auch für den nächsten Ausflug immer einen Platz im Rucksack.
Spielerische Nutzung von Apps als Potenzial
Die KIM-Studie bestätigt, dass die meisten Kinder Smartphones, Tablets und Co nutzen. Eine große Bedeutung haben dabei Apps – und genau die bieten ein großes Potenzial für Eltern: Manchen Kindern liegt mehr der spielerische Zugang zum Lesen. Es gibt viele Apps, die die Sprache anregen (z. B. Kinderlieder zum Mitsingen), es gibt solche zum Vorlesen (z. B. „einfach vorlesen“) und es gibt Apps, die gezielt die Lesekompetenz trainieren. Die Stiftung Lesen testet und bewertet systematisch Apps und stellt regelmäßig Empfehlungen auf der eigenen Website im Bereich Lesetipps und Aktionsideen zur Verfügung. Mit dabei sind zum Beispiel Apps von Schulbuchverlagen, die klassische Grundschulübungen in digitaler Form anbieten, aber auch thematisch orientierte Apps, die die Interessensgebiete der Kinder abdecken und fast nebenbei das Lesen trainieren.
Umdenken durch mehr Digitalisierung in den Schulen
Die KIM-Studie zeigt, dass Kinder digitale Medien verhältnismäßig wenig in den Schulen nutzen. Die Problematik daran: Das kann die Wahrnehmung der Kinder, aber auch in der Gesellschaft insgesamt verzerren. Zentrales Lernmedium in der Schule ist das Buch, Digitales findet in der Freizeit statt. In einem angemessenen Einsatz digitaler Medien in der Schule liegt daher großes Potenzial für die Schulen, Lehrkräfte und Kinder. Kinder müssen erkennen, dass Bücher in der Freizeit eine Menge Spaß bringen, aber auch, dass digitale Medien Lernstoff enthalten und als Arbeitsgrundlage dienen. „Wir plädieren dafür, die Vielseitigkeit des digitalen Raumes auch im Bereich des Lernens für Kinder viel mehr zu nutzen. Davon profitieren alle Welten – digital und print“, sagt Prof. Dr. Simone C. Ehmig.